Bokra und inshallah – hört man ständig

Bokra und inshallah – zwei Wörter, welche man in Ägypten ständig zu hören bekommt …

…. und der eine oder andere, sicherlich nicht mehr hören kann 😉

 

Letzte Woche Sonntag fand endlich der Umzug ins neue Domizil statt und damit begann die Zeit des Bokra-und inshallah-Hörens.

 

Internet:

 

Zunächst wurden mittags in der alten Wohnung in Ramla der Router und das Telefonkabel entfernt, damit, wenn wir denn abends in der neuen Wohnung ankommen, auch direkt über Internet verfügen könnten. Soweit der Plan, aber mit der Ausführung haperte es dann gewaltig.

 

Unser IT-Mann des Vertrauens, nennen wir ihn mal Internet-Ahmed, hatte noch keine Telefonleitung in Auftrag geben lassen und ohne eine Telefonleitung funktioniert auch nicht der Router. Okay, also mal schnell eine Telefonleitung besorgen. Selbstverständlich geschieht dies erst bokra (morgen) inshallah (so Gott will). Am nächsten Tag kam er dann auch wieder, allerdings nur mit der Idee, dass man ein bestehendes Telefonkabel gegenüber des Kanals „anzapfen“ könne. Bokra wüsste er mehr – inshallah.

 

Der Besitzer des Telefonkabels hat jedoch seine Zustimmung nicht gegeben, so dass eine andere Lösung herbeigezaubert werden musste. Der Ortsbürgermeister wurde eingeschaltet und er wollte – selbstverständlich bokra – eine Lösung finden. Die Lösung wurde in der Tat auch gefunden und wir teilten uns mit einem anderen Nachbarn zusammen eine neue Telefonleitung. Das Internet sollte dann bokra funktionieren. Was soll ich sagen … bokra hatte ich immer noch kein Internet. Jetzt musste noch etwas mit Tedata (vergleichbar mit der Telekom in Deutschland) geklärt werden. Bokra funktioniert dann alles. 3 weitere Tage gingen ins Land und ich sitze immer noch ohne Internet herum. Gestern war ja Freitag und bei Tedata niemand zu erreichen. Heute früh sollte ich – inshallah – über Internet verfügen. Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen, da ich ja schon 1 Woche auf Internetentzug gesetzt worden bin und fieberte dem Morgen entgegen. Jetzt haben wir schon Nachmittag und mein Internet ist immer noch nicht verfügbar. Inshallah habe ich bokra endlich die Möglichkeit, meine Berichte hochzuladen, nach einem Telefonat mit Internet-Ahmed wird es heute nämlich mal wieder nichts. Zumindest hat es nach 8 Tagen endlich geklappt und ich habe wieder Internet. Jetzt steht einem Hochladen der Berichte nichts mehr im Wege. 🙂

 

Küche und Bad:

 

Eigentlich sollte die Küche bereits am Samstag – vor dem geplanten Umzug – eingebaut werden. Da allerdings  noch das Abschlussdeckenelement der Küche fehlte, stellte man uns in Aussicht, dass wir die Küche noch Samstagnacht bekommen sollten, wenn das fehlende Teil bis Mitternacht aus Kairo geliefert werden würde. In Ägypten ist derzeit Ramadan und tagsüber wird nicht wirklich gearbeitet, alles wird in die späten Abend- und Nachtstunden – nach dem Fastenbrechen – verschoben. Bis 1:30 Uhr haben wir gewartet und sind dann gefahren. Den Umzugssonntag standen wir erst einmal ohne Küche da. Wir haben die Küche bei einem koptischen Unternehmen anfertigen lassen und Kopten arbeiten nicht am heiligen Sonntag, also sollte die Küche – bokra – kommen. Obwohl die Küchenleute morgens kommen wollten, kamen sie erst am späten Abend und bauten dann die halbe Küche auf. Sie wurde mit dem Tuk Tuk (einem motorisierten Dreirad) gebracht. Die restliche Küche sollte dann bokra kommen. Ich putzte schon einmal am nächsten Morgen die Küche und packte unsere Habseligkeiten ein. Den ganzen Tag warteten wir dann mal wieder auf die Handwerker und nachdem wir sie telefonisch erreichten, hieß es dann, wir kommen bokra. Und wow am nächsten Tag kam dann der Spülenunterschrank und als ich bat, man möge doch bitte die kleinen Mängel an der anderen Küchenzeile beheben, hieß es dann wieder bokra, wenn wir die Duschabtrennung und auch den Badezimmerunterschrank bringen. Okay, man konnte mal nicht eben einen Schraubenzieher in die Hand nehme und nachbessern. Bokra passierte natürlich wieder nichts. Am Donnerstag kam dann der letzte Küchenhängeschrank (mir wird immer ein Rätsel bleiben, wie 2 Ägypter, ein großer Hängeschrank und ein Werkzeugkasten auf einem normalen Motorrad passen und auch noch fahren können) und man versuchte sich an der Feinjustierung der Schränke, was mich nicht wirklich zufrieden stellte. Der Küchentrupp zog erst einmal ab und versprach – inshallah – gleich noch einmal mit dem Chef zurückzukommen und er würde dann auch schon einmal den Badezimmerspiegel mitbringen. Ein paar Stunden später tauchte der Chef vom Dienst höchstpersönlich auf und ließ sich von mir die „Mängel“ zeigen. Wahrscheinlich wäre es schneller gegangen, er hätte mir den Schraubenzieher in die Hand gedrückt und ich hätte die Türen nachgestellt, damit sie nicht windschief hängen. Aber im Großen und Ganzen passt es jetzt und der Spiegel, der hochkant zu hoch war, wurde kurzerhand quer direkt auf die Fliesen mit Silikon geklebt. Hier läuft alles irgendwie anders. Aber zumindest habe ich  nun einen Spiegel im Bad und muss mir nicht mit einem glänzenden Kochtopfdeckel behelfen, um mir morgens fertig zu machen. Auf die Frage, wann denn nun die Duschabtrennung und der Badezimmerunterschrank kommen würden, bekamen wir selbstverständlich wieder die Wörter „inshallah bokra“ zu hören und wir warten noch immer. Bokra werden sie auf jeden Fall nicht kommen, da bokra Sonntag ist.

 

Garten:

 

Am Freitag haben wir für unseren anzulegenden Garten ein paar Pflanzen und Bäumchen gekauft. Auf meine Frage hin, wie lange es dauert, bis die Mango- bzw. Orangenbäume Früchte tragen würden, bekam ich die Antwort „inshallah next year or in two or three years“. Na super Aussage. Erfahrungswerte scheint es hier nicht zu geben. Da darf ich doch mal gespannt sein, wann ich das erste Mal eine Frucht am Baum hängen sehen werde.

 

Zumindest haben unsere Gärtner nicht bokra oder inshallah gesagt, sondern sie standen gestern Abend nach dem Fastenbrechen und Beten Gewehr bei Fuß und haben mit dem Anlegen der Beete begonnen. Die 2 Mangobäumchen, eigentlich hatte ich ja extra ein paar Exemplare ausgesucht, die bereits über einen Meter hoch waren, aber nachdem ich das tiefe Loch für den jeweiligen Baum sah, kamen mir starke Bedenken, was von dem Bäumchen dann noch übrig bleiben würde. Als das Bäumchen dann versenkt war, guckten vielleicht noch 50 cm raus. Angeblich muss das Loch so tief sein, damit der Baum in den Mutterboden seine Wurzeln schlägt und schneller wächst. Das will ich mal so glauben.

 

Die Orangenbäumchen waren per se schon nicht so groß, die sehen jetzt aus, als hätte ich 2 Ästchen in den Boden gerammt.

 

Nach jedem gegrabenen Loch mussten unsere Gärtner sich erst einmal von den Strapazen bei einem Glas Shai erholen und wenn der getrunken war, musste es noch Wasser sein oder ein Zigarettenpäuschen, bevor man sich an das  nächste Loch machen konnte. Sie hatten zu Dritt auf jeden Fall eine Menge Spaß. Anschließend wurden noch die kleineren Blumenbeete bepflanzt und ausreichend unter Wasser gesetzt. So viel Wasser, wie auf diesen kleinen Beeten verschwunden ist, hätte man zu Hause schon locker ein größeres Kinderplanschbecken befüllen können. Wenn man keinen Gartenschlauch mit einem Aufsatz zur Verfügung hat, wird schnell eine leere Colaflasche umfunktioniert. Mit einem Messer wurden ein paar Löcher hineingeritzt und schon hatte man eine Sprenklerfunktion am Gartenschlauch.

 

Nun bin ich gespannt, wann unser Garten nach einem Garten aussieht; im Augenblick sehen die paar Pflanzen noch recht verloren aus. Aber inshallah werde diese genauso schnell wachsen, wie die Maispflanzen, die nach 2 Wochen schon 30 cm hoch geworden sind.

Einkauf auf dem Motorrad:

 

Da wir noch eine Vielzahl Putz- und Küchenutensilien benötigten, hatten wir uns auf dem Weg zu einem Geschäft auf der Westbank gemacht. Die Ecke, wo wir unsere Einkäufe stapelten, wuchs zusehend an und ich stellte mir insgeheim die Frage, wie wir die nach Hause bekommen sollten. Bereits am Tag zuvor hatten wir auf der Eastbank eingekauft und haben alles per Taxi zur Fähre fahren lassen und dann haben wir alles zu Fuß von der Fähre in unser altes Zuhause getragen. Zunächst hieß es, wir packen alles in ein Tuk Tuk und fahren dann hinterher und was haben wir am Ende gemacht? Wir haben alles auf einem Motorrad transportiert. In Deutschland hätte man uns gnadenlos aus dem Verkehr gezogen. Mein Mann fuhr und hatte am Lenker eine Plastiktüte mit Utensilien. Ich saß hinten auf dem Sozius und hatte 2 Riesentüten rechts und links und einen Wäscheständer quer zwischen meinem Mann und mir liegen. Festhalten auf einem Motorrad wird definitiv überbewertet. Es muss auch freihändig gehen, wenn man keine Hand mehr frei hat, um sich irgendwie und irgendwo festzuhalten. Ich hielt also den Wäscheständer mit beiden Händen fest und hatte die Plastiktüten, wo sich ein Putzeimerset mit Wischmopp, ein großer Kochtopf, 9 große Gewürz-Vorratsdosen, 3 Servierbretter, 3 Gläser, 5 Plastikboxen, 3 Blech-Vorratsdosen, ein Sieb und ein Schneebesen befand, jeweils nur am Daumen hängen und los ging es durch die engen Gassen, die nur wenig breiter waren, als der quer liegende Wäscheständer. Ich bin auf der Fahrt mindestens 1000 Tode gestorben. Auf einem Motorrad fahre ich sowieso schon nicht gerne und dann auch noch freihändig, voll beladen im Dunkeln, wo ständig irgendwelche Kinder in den schmalen Gassen rumtollen. Da kommt Freude auf und ich war nur noch froh, heil zu Hause angekommen zu sein; viel länger hätte ich es mit dem Gewicht an beiden Daumen nicht mehr ausgehalten. Diese wurden mit jeder Minute immer länger.

Text und Fotos Andrea Vinkenflügel

2 Antworten auf „Bokra und inshallah – hört man ständig“

  1. Also ich habe noch keine probleme in Ägypten gehabt und fliege heuer wieder nach Ägypten.
    Bei uns hat alles geklappt egal was es war .

    1. Als Tourist bekommt man davon auch nicht viel mit. Versuche aber mal in Ägypten zu bauen, dann schlackern Dir – wenn man außerhalb Hurghadas lebt – die Ohren. Wir warten immer noch auf unser Schlaf- und Wohnzimmermöbel, die eigentlich schon vor dem Umzug hätten geliefert werden sollen. Wahrscheinlich kommen sie bokra 😉 inshallah

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