Kleiner Spaziergang über die Westbank

– 8 km von Malqata nach Dra Abu el Naga –

Wir haben unseren kleinen Spaziergang an den Aushubhügeln des heiligen Sees von Medinet Habu begonnen. Es ist immer wieder faszinierend, wenn man dort auf kleine bemalte Scherben trifft, die einfach so herumliegen. Sie stammen aus der Zeit Amenophis III und weisen die typischen Amarna-Farben auf.  Ebenso faszinierend ist, wenn man in die ungläubigen Gesichter der Gäste gucken kann, die es einfach nicht fassen können, dass bemalte Tongefäßfragmente zu sehen sind.

Scherbenreste

Allerdings kann ich jeden, der sich dort mal umtut, raten, die Scherben nicht außer Landes zu bringen. Die Kontrollen an den Flughäfen sind sehr streng und wenn man mit den Scherben erwischt wird, riskiert man eine ca. 10-jährige Verlängerung seines Urlaubes. Dies sollte man sich vor Augen halten. Es handelt sich um Kulturgut, auch wenn es nur Scherben sind. Der Staat kennt da verständlicherweise kein Pardon und ahndet dies rigoros. Also staunen, ein Foto machen und von dannen ziehen.

Nachdem wir die Scherben ausgiebig bestaunt haben, ging es weiter Richtung Malqata, den Überresten des Amenophis III-Palastes. Die spanische Mission hat das Gebiet vor ein paar Jahren einzäunen lassen, so dass man nicht mehr über das Gelände spazieren kann. Die ordentlichen Mauern stellen nicht den ursprünglichen Zustand dar, sondern wurden von der Mission aus neuen Nilschlammziegeln errichtet. Nur noch wenige Mauerteile sind aus der Zeit Amenophis III vorhanden, diese erkennt man an den verwitterten Zustand. Ein paar wenige Säulenbasen sind auch noch vom ursprünglichen Palast vorhanden. Gerne hätte ich vom Hügel an der Straße noch ein paar Fotos gemacht, allerdings hatten die beiden Wärter etwas dagegen, obwohl der Stacheldrahtzaun auf dem Hügel verschwunden ist und ich explizit sagte, dass ich nicht auf das Gelände gehen wollen würde, sondern nur auf den Hügel hinauf möchte, um ein paar Fotos vom Palast zu machen. Aber es war nichts zu machen, die beiden blieben stur. Gut, dass ich zuvor von der anderen Seite bereits ein paar Fotos gemacht hatte. 

Auf dem Weg zum Medinet Habu Tempel begleitete uns ein kleiner Vogel – ein Bienenfresser -, der ein wunderschönes Gefieder hatte. Er flog immer etwas vor, ließ sich auf dem Stacheldraht nieder, wenn wir versuchten, ihn zu fotografieren, flog er wieder etwas voraus und wartete, bis wir nahe genau herankamen, um dann wieder Fersengeld zu geben. Aber einmal habe ich ihn doch ablichten können.

Bienenfresser

Der Medinet Habu Tempel stand zwar nicht auf unsere Route, aber wenn man schon einmal daran vorbeikommt, dann muss man zwangsläufig kurz stoppen. Ich weiß nicht, wie viele Stunden oder Tage ich bereits in diesem Tempel verbracht habe, aber er zieht mich nach wie vor magisch an. Wahrscheinlich habe ich bereits jeden Stein und jedes Relief fotografieren und schaffe es trotzdem nie, ohne ein Foto zu machen, an dem Tempel vorbeizugehen.

Unser eigentliches Ziel war der Eje und Haremhab Tempel, dessen Überreste heute auf unserem Programm standen. Ursprünglich hat Eje diesen Tempel errichtet und Haremhab hat diesen später usurpiert und erweitert. Viel ist vom Tempel nicht mehr vorhanden. Ein paar Säulenbasen, Säulenfragmente, Säulenkapitäle kann man noch sehen, ebenso ein paar Steinquader, auf denen mitunter Hieroglyphen zu sehen sind.  Auch findet man Nilschlammziegelmauern, die aufgrund der Witterung stark verrottet sind. Ich gehe davon aus, dass die Nilschlammziegelmauern einen Teil des Palastes darstellen. Tempel wurden für die Ewigkeit errichtet und somit aus Stein und nicht aus vergänglichem Material wie Nilschlammziegel.

Auf dem Weg zur nächsten Tempelruine, sind wir am alten Qurna vorbeigekommen. Die Regierung hat vor ein paar Jahren die meisten der Häuser dort abgerissen, weil die Bewohner ihre Häuser auf alten Gräbern errichtet hatten und des nachts durch die Tunnelsysteme die Gräber um ihre Grabschätze erleichtert hatten.

Quer durch die Landschaft marschierten wir zum Tempelrest, und zwar dem Tempel von Amenophis, Sohn des Hapu. Amenophis, Sohn des Hapu war Architekt, Sem-Priester und Schreiber unter Ampenophis III und soll für die Pläne des Amenophis III- Tempels verantwortlich sein, ebenso für den Luxor Tempel und für den großen Säulensaal in Karnak. Der großen Säulensaal wurde später von Ramses II fertiggestellt. Nicht wirklich viel ist vom Tempel übriggeblieben. Die Steine wurden zum Bau anderer Tempel oder für den Bau der umliegenden Häuser verwandt. 3 Säulenbasen und ein paar undekorierte Steinquader kann man noch sehen.

Direkt diesem Tempel gegenüber liegen die kläglichen Überreste des Thutmosis II-Tempels. Man kann noch die Bodenplatten des Tempels sehen, ein paar wenige Säulenbasen und kleine Kalksteinblöcke. Auch hier wird der Tempel sicherlich Opfer der umliegenden Bebauung geworden sein.

Da der Sonnengott uns mit 35° im Schatten bedacht hat, haben wir kurzentschlossen eine Rast im ehemaligen Chicago-Haus eingelegt, um etwas Kühles zu trinken. Der Hotelgarten erdet einem immer wieder und ich bin dort sehr gerne zu Gast.

Direkt neben dem Hotel liegt der Merenptah-Tempel, der von der Schweizer Mission restauriert wurde. Leider lagern immer noch viele Tempelteile in den Magazinen, die für die Öffentlichkeit nach wie vor nicht zugänglich sind. In diesem Tempel befindet sich die berühmte Israel-Stele, allerdings nur als Abguss. Das Original befindet sich im Museum.

Direkt neben dem Merenptah-Tempel wurden die beiden Amenophis III-Statuen aufgestellt und direkt anschließend beginnt der Tausret-Tempel. Ein weiblicher Pharao aus der 19. Dynastie.  Mehrere verschieden große eckige Flächen befinden sich auf dem Tempelareal. Mich würde mal interessieren, wie der Tempel seinerzeit ausgesehen haben mag.

Unmittelbar zwischen dem Tausret-Tempel und dem Ramesseum kann man noch ein paar Überreste des Thutmosis IV Tempel sehen. Der aus Steinplatten versehene Tempelboden ist noch gut sichtbar. Darum herum scheint mal Nilschlammziegel neu hinzugefügt zu haben.

Etwas weiter sieht man dann das Thutmosis III-Projekt. Hier wurde auf der linken Seite der Straße ein Teil des Tempelpalastes mit neuen Nilschlammziegeln rekonstruiert. Mittlerweile – und dies habe ich nun zum ersten Mal gesehen-, hat man ein paar Bäume angepflanzt. Vor nicht allzu langer Zeit hat man in diesem Areal auch noch interessante Artefakte ausgegraben. Auf der rechten Seite der Straße kann man noch den Originalzustand einer Palastmauer sehen.

Bevor wir die letzten Reste eines Tempels auf dem Rückweg zu Gesicht bekommen haben, und zwar den Siptah-Tempel, haben wir uns noch die Gräber von Dra Abu el Naga angesehen, die zum Teil mit wunderschönen farbigen Reliefs versehen sind. Die Gräber von Roy und Shuroy sind zwar sehr klein, aber sie haben ihren Reiz. Das Grab des Roys stammt aus der 18. Dynastie. Er war königlicher Schreiber und Verwalter der Gebäude des Königs Haremhab und des Amun-Tempels. Shuroy war oberster Kohlenfeuerträger im Amun-Tempel und ist der 19. Dynastie zuzuordnen. Ein weiteres Grab, zwar nicht so farbenfroh kann man auch besichtigen, und zwar das Grab des Amenemipet. Er war Priester des Amun unter Ramses III und V.

2 Antworten auf „Kleiner Spaziergang über die Westbank“

  1. Liebe Andrea,
    Ich bin eine ehemalige Klassenkameradin von dir und lese gerade begeistert deine Reiseberichte.
    Herzliche Grüße aus dem kalten Deutschland.
    Herzlichst, deine Annette (ehemals Goyke)
    Ich würde mich sehr freuen, etwas von Dir zu hören.

    1. Liebe Annette,

      es freut mich, dass Dir meine Reiseberichte gefallen, es wird in Kürze ein neuer Reisebericht hinzukommen. Ab Samstag werde ich eine Gruppe ins Delta begleiten und nach meiner Rückkehr wird dann fleißig an dem neuen Bericht gearbeitet, um Dich und andere Interessierte daran teilhaben zu lassen.

      Du kannst mir gerne etwas Kälte aus Deutschland schicken. Wir hatten gestern bereits einen Spitzenwert von 43° Grad, was für den Beginn des Ramadans schon heftig war, aber ab heute gehen die Temperaturen erst einmal bis zum Wochenende etwas runter, um anschließend wieder auf 40° hochzuklettern.

      Gerade habe ich mal nachgerechnet, wie lange unsere Schulentlassung her ist und komme auf eine Schnapszahl – 33 Jahre ist es jetzt her. Wo ist nur die Zeit geblieben?

      Ganz viele liebe Grüße aus Luxor
      Andrea

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