Bei der Kuh habe ich mich entschuldigt

Wie auch schon im vergangenen Jahr, haben wir zum diesjährigen Opferfest wieder aus Spendengeldern eine Kuh gekauft.

Anders als zum Ramadan, wo wir am Abend vor dem Ramadanbeginn die Kuh schlachten lassen, wird das Opfertier zum Opferfest frühestens nach dem Morgengebet des ersten Festtages Al-Adha geschlachtet. Zuvor haben die Muslime mindestens 1 bzw. 10 Tage gefastet. Der überwiegende Teil fastet, so wie ich es hier wahrgenommen habe, lediglich einen Tag. Meine Schwiegereltern haben die vollen 10 Tage gefastet.

Bereits um 8:00 Uhr wurde die Kuh zu uns gebracht, wo sie noch eine Henkersmahlzeit zu sich nehmen durfte und wir warteten auf die Schlachter. Seit mehreren Jahren ist es in Ägypten verboten, selbst zu schlachten. Wer es trotzdem tut und sich dabei erwischen lässt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Wenn man möchte, dass das Tier bei sich zu Hause geschlachtet wird, dann kommt der Schlachter ins Haus.

Gegen 9:30 Uhr trafen dann die drei Schlachter ein, die sich dann unverzüglich ans Werk machten. Zusätzlich waren noch 3 Männer aus unserer Familie mit dabei, um möglichst schnell die Kuh in handliche 1-kg-Pakete abzupacken. Bei 45° Grad im Schatten muss es einfach schnell gehen und alle Hände werden benötigt, damit das Fleisch nicht allzu lange der Hitze ausgesetzt ist. Zwischendurch kamen immer 2 Helfer vorbei und haben die Fleischpakete zum Weiterverteilen an bedürfte Familien gebracht.

Bevor es jedoch ans Zerteilen ging, bin ich noch zur Kuh gegangen und habe ihr über den Bauch gestreichelt und mich bei ihr entschuldigt, dass wir sie geopfert haben, aber sie würde uns helfen, viele Familien glücklich zu machen.

Da das Schlachten immer ein Ereignis ist, laufen eine Menge Kinder zusammen. So hatte ich dann den ganzen Tag über 5 kleine Kinder in meiner Obhut und wir spielten zusammen. Alle Handys und das Tablet waren im Einsatz und der Spielzeugschrank wurde geplündert. Alles wurde ausprobiert und bespielt. Sämtliche Süßigkeiten- und Getränkevorräte waren anschließend naturgemäß erschöpft.

Am späten Nachmittag war die Arbeit vollbracht und insgesamt konnten wir 132 Familien mit jeweils einem Kilo magerem Rindfleisch beschenken. Zusätzlich kamen noch 3 großer Pakete mit Innereien, Knochen, Beinscheiben etc. zusammen, die auch dankbare Abnehmer fanden.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen Spendern bedanken, die es uns möglich gemacht haben, dieses Jahr sogar eine ganze Kuh zu kaufen und zu verteilen. Viele Familien konnten wir damit glücklich machen. Herzlichen Dank, dass Ihr uns wieder unterstützt habt.

Spender Opferfest 2021: N.N., 2 x Udo W., 2 x Kathlen und Joachim H., Susanne C., Petra S., 2 x Barbara V., Lutz G., 2 x Gaby und Thomas R., Carina F., Julie H., Manuela A., Friedhelm V., Stefanie H., Manuela und Thorsten B., Wolfgang M., Harald G., Gerald J., Carolin D., Susanne H., Andreas M., Dietrich W., Dr. Yvonne E.S., Kerstin R.-D.

Fotos und Text: Andrea Vinkenflügel

2 Antworten auf „Bei der Kuh habe ich mich entschuldigt“

  1. Oje, das ist schon etwas anderes, wenn man sieht, von wem das Fleisch kommt. Die arme Kuh. Aber wenigstens wurde alles verwertet und einem guten Zweck zugeführt. Übrigens wurden in Deutschland 2020 ca. 3,4 Millionen Rinder gewerblich geschlachtet. Unglaublich. Darüber macht man sich irgendwie zu wenig Gedanken…

    1. ja, vor allem, wenn man dem Fleischgeber direkt in die Augen schauen konnte. Ich habe mich bei der Kuh für das Schlachten entschuldigt, aber wenn man sieht, wie viele Familien sie mit ihrem Tod glücklich gemacht hat, dann ist sie auf jeden Fall keinen sinnlosen Tod gestorben.

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