Die Tempel auf der Westbank sind immer wieder einen Besuch wert

… auch wenn man sie schon unzählige Male besichtigt hat

Man freut sich immer ungemein, wenn sich Besuch aus Deutschland ansagt und dieses Mal war die Freude besonders groß, da eine ganze Gruppe bekannter Gesichter anreist.

Viele Jahre habe ich bei einem Ägyptologen Seminare über das Alte Ägypten besucht und eben dieser Ägyptologe reiste nun mit weiteren Seminarteilnehmern an, um die Sehenswürdigkeiten Luxors live zu besichtigen. Man lud mich ein, an dem einen oder anderen Ausflug teilzunehmen, was ich mir nicht zweimal sagen ließ.

Zusammen mit dem ägyptischen Tourguide erwartete ich die Gruppe an der Anlegestelle und nach einem großen Hallo ging es mit dem Bus zunächst zu den Memnonkolossen.

Zunächst ließen wir die ca. 18 m hohen Kolossalstatuen Amenophis III vom Parkplatz aus auf uns wirken, bevor wir sie uns aus der Nähe ansahen. Die beiden Kolossalstatuen standen im Eingangsbereich des völlig zerstörten Amenophis III Tempels.  In den letzten Jahren fanden auf dem Gebiet des alten Tempels Ausgrabungen statt und man hat in der Erde noch viele Überreste des Tempels gefunden und die eine oder andere Statue wurde zwischenzeitlich wieder aufgestellt. Andere Fragmente wurden wie Geschenke mit Tüchern umwickelt, was wohl mit Copyrights zu tun haben dürfte. Wenn jemand von der Grabungsmission etwas veröffentlichen möchte, dann möchte er auf uneröffentliches Bildmaterial zurückgreifen und solange bleiben die Relikte eingepackt. Nach der Veröffentlichungen werden die Fragmente sicherlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ich habe gehört, dass man auf dem Tempelgelände eine Art Open-air-Museum plant.

Anschließend haben wir uns die Statuen einmal etwas genauer angesehen. Jeweils auf der rechten Sockelaußenseite der Statuen befindet sich ein Relief, welches die Wiedervereinigung der beiden Länder darstellt. Zwei Nilgötter verbinden die für Unter- und Oberägypten stehenden Wappenpflanzen (Lotus und Payprus) miteinander.

Dass Graffitis nicht eine Unart des 20./21. Jahrhunderts sind, kann man an den Tempelwänden und auch an dem rechten Memnonkoloss sehen. Schön früher meinten sich Reisende an den Sehenswürdigkeiten verewigen zu müssen. Für mich ist dies in keiner Art und Weise nachvollziehbar, denn niemanden interessiert es, ob ich den einen oder anderen Tempel besucht habe. Wie sich die Reisenden an dem Memnonkoloss ausgetobt haben, kann man an den beiden nachfolgenden Fotos gut sehen.

Wo wir schon einmal bei Detailaufnahmen sind, möchte ich Euch auch nicht die wunderschöne Krone der Königin Teje, Ehefrau von Amenophis III und Mutter von Amenophis IV, besser bekannt als Echnaton, vorenthalten. Oben kann man Uräusschlangen mit den Kronen für Ober- und Unterägypten erkennen. Ebenfalls kann man die Geierhaube erkennen, die sie über ihre Perücke trägt.

Detailaufnahme Krone Königin Teje

 

 

 

 

 

 

 

 

Immer wieder hört man im Zusammenhang mit den Memnonkolossen, dass diese am Morgen „Pfeiftöne“ von sich gaben. Man machte die Göttin der Morgenröte mit ihrem Gesang dafür verantwortlich. Leider gibt es eine ganz unromantische Erklärung für diese Töne. Die Memnonkolosse wurden aufgrund eines Erdbebens beschädigt und wiesen Risse auf. Wenn dann der Wind durch diese Risse bließ, konnte man sich einbilden, dass die Memnonkolosse singen/pfeifen. Es muss aber sehr eindrucksvoll gewesen sein.

Nachdem wir unsere Tickets gekauft hatten, ging es weiter zum Ramesseum, dem Totentempel Ramses II.

Leider war es uns nicht möglich, mit einer so großen Gruppe um den ersten Pylon zu gehen, da hatte ich im Mai mit meiner kleinen Gruppe mehr Glück, da ließ man uns gewähren und wir konnten uns den ersten Pylon von vorne ansehen.

Also haben wir uns nur den Pylon vom Hof aus angesehen, aber auch dort gibt es genügend zu entdecken.

Wenn man vor dem ersten Pylon steht, kann man auf der linken Seite einen Sohn Ramses II mit einem Gefangenen sehen. Aufgrund der seitlichen Jugendlocke kann man erkennen, dass es sich noch um ein Kind handelt.

Anschließend gingen wir zu den Überresten des königlichen Palastes, der an den ersten Hof grenzt. Dort kann man noch ein paar Säulenbasen sehen. Die kleinen Mauern sind nicht mehr im Originalzustand und wurden seitens der dort tätigen Missionen nachgebildet. Unmittelbar an den Palast grenzend wurden in neuerer Zeit ein paar Häuser errichtet, die auf ursprünglichem Palastgelände stehen.

Vom Palast aus hat man jedoch einen schönen Blick in den ersten Hof, wo ein paar Akazien blühten und eine urige Kiefer steht, die ja auch meine Homepage ziert. Auch einen Teil der Tempelanlage kann vom Palast aus gut sehen.

Nachdem wir uns den Palast in der prallen Sonne stehend haben erklären lassen, ging es nun in den Tempel, wo es zumindest ein paar schattige Plätzchen gab, wo man den Erklärungen entspannter lauschen konnte. Mir persönlich machte die Sonne nicht so viel aus, da ich sie ja bereits gewöhnt bin, aber für den einen oder anderen deutschen Gast, war der erste Tag in der Sonne schon anstrengend.

Im 2. Hof stehend kann man neben dem 2. Pylon eine zerstörte Kolossalstatue Ramses II auf dem Boden liegen sehen. Erst, wenn man sich neben diese Überreste stellt, kann man erahnen, wie groß diese Statue gewesen sein muss. Auf dem Arm kann man tief eingeschlagene Königskartusche gut erkennen.

Ihm gegenüber stehen 4 Pfeilerstatuen von Ramses II und davor liegt noch ein Fragment seines Königskopfes aus einem schwarzen Stein (Granit/Dorit?). An dieser Stelle beginnt der große Säulensaal. An der Decke und auch an den Säulenkapitälen kann man noch sehr gut Farbreste erkennen. Man muss ich vergegenwärtigen, dass der gesamte Tempel farbenprächtig dekoriert war. Für uns Europäer wären sie sicherlich viel zu bunt gewesen.

Leider war es noch zu früh, um die schönen Szenen an der Innenwand zu fotografieren. Um die Schlachtszene gut erkennen zu können, benötigt man das Licht der Nachtmittagssonne.  Vom Ende des Tempels habe ich dann mal die Tempelachse fotografiert, an derem Ende sich wiederum die zerbrochene Kolossalstatue befindet.

Relieftechnisch lässt das Ramesseum keine Wünsche offen. Die Reliefs sind noch sehr gut erhalten und wenn man zur richtigen Zeit an der richtigen Wand steht und die Sonne auf die zu fotografierende Wand strahlt, hat man ein tolles Licht, um die Reliefs abzulichten.

So kann man z. B. den Pharao Ramses II vor der Göttertirade von Theben knieend sehen oder wie z. B. Thot, der Schreibergott mit Ibiskopf, schreibend abgebildet wurde. Oben an der Decke habe ich dann noch die Thoeris gefunden, die Qualität des Bildes ist jedoch nicht so prickelnd.

Wie so viele andere Tempel auch, wurde das Ramesseum von den Kopten in Beschlag genommen. Im Tempel kann man z. B. noch eingemeißelte koptische Kreuze entdecken oder man sieht, wie die Kopten die Säulenbasen bearbeitet haben, um u.a. Haltevorrichtungen für Esel anzubringen. So, wie man es auf dem Foto unten erkennen kann.

Ramesseum – Säulenbasis durch Kopten „umgebaut“

 

 

 

 

 

 

 

Langsam aber sicher nahmen die Kräfte der Besucher, die eine sehr lange Anreise am Tag zuvor hatten, ab und wir machten uns auf dem Weg zu einer Abkühlung, bevor es dann am Nachmittag Richtung Ramose-Grab ging.

Während die Gäste das Grab unsicher machten, blieb ich bei meinen Bekannten in einem Relief-Shop und unterhielt mich dort mit ihnen und wir tauschten den neuesten Tratsch und Klatsch aus. Da so selten Besucher vorbei kommen, ist man immer froh, wenn man auf ein Pläuschen vorbei kommt und ich sitze dort – mitten in den thebanischen Bergen – gerne und genieße einfach nur die Aussicht.

…. Fortsetzung folgt …

2 Antworten auf „Die Tempel auf der Westbank sind immer wieder einen Besuch wert“

    1. Vielen Dank Kati, es freut mich, dass Dir die Reiseberichte gefallen. Auf den nächsten Reisebericht musst Du nicht mehr allzu lange warten, Ende Mai wird der nächste Reisebericht erscheinen, und zwar über Alexandria, Kairo und das Delta.

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